Es war offen, nah, ehrlich. Und trotzdem blieb etwas hängen. Nicht als Vorwurf, eher als feines Zögern im Raum:
Warum sind es fast immer Frauen, die sich mit diesen Themen beschäftigen?
Warum wirkt feministisch so oft wie eine Grenze, statt wie das, was es eigentlich ist: Ein Weg in mehr Sichtbarkeit für alle?
Vielleicht, weil wir verlernt haben, feministische Perspektiven als etwas Verbindendes zu lesen. Vielleicht auch, weil das Wort allein schon ausreicht, um Abwehr auszulösen. Dabei geht es genau darum: sichtbar zu machen, was sonst übersehen wird. In der Forschung, in der Versorgung, in der Sprache, in der Erwartung. Denn feministische Medizin schützt nicht nur Frauen. Sie macht aufmerksam auf die Menschen, die durchs Raster fallen. Frauen, die mit unspezifischen Symptomen nicht ernst genommen werden. Aber auch Männer, die keine Hilfe suchen, weil ihnen niemand beigebracht hat, dass man das darf. Menschen, die sich zwischen den Schubladen der klassischen Geschlechterkategorien bewegen.
Feminismus schützt die, die leiser sind. Und manchmal schützt er genau deshalb auch die, die glauben, nicht betroffen zu sein (scrollen zum weiterlesen ).
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Wer sich mit Marginalisierung beschäftigt, öffnet Räume. Für andere, aber auch für sich selbst.
Wer Sichtbarkeit mitdenkt, schafft eine Gesellschaft, die nicht lauter oder moralischer wird, sondern klarer. Wir schreien gerade an so vielen Stellen. In einer Gesellschaft, die sich emotional hochschaukelt, wird Schweigen fast verführerisch. Aber nicht alle können es sich leisten, still zu bleiben. Stimme zu erheben bedeutet manchmal, für andere zu sprechen, wenn ihnen die Kraft fehlt. Und manchmal bedeutet es auch, sich selbst neu zu sehen. Denn nicht jede Benachteiligung fühlt sich wie ein Nachteil an. Manche ist einfach Alltag. Gerade bei denen, die gelernt haben zu funktionieren. Psychische Erkrankungen bei Männern, unbeachtete Vorsorge, das stille Aushalten: All das verschwindet, wenn wir lernen, hinzusehen.